Von einem Karl May Fan im Kölner Stadtanzeiger gefunden. Besonders schön "Die Stunde der Männer"

Lex Barker mag kein großer Mime gewesen sein. Doch er war der Größte.
Zugegeben, sein Vorgänger an der Liane, Johnny Weissmüller, war Olympiasieger im Brustschwimmen. Aber auch ohne solchen Lorbeer machte der neue Tarzan eine blendende Figur - als sei ein Partylöwe von irgendeinem Pool in Beverly Hills mal eben zum Urwaldspaziergang aufgebrochen, so gab Lex Barker den edlen Wilden: mit energischer Tolle, gebräunt, muskulös, ein Frauenschwarm - und Idol zahlloser Jungen, die sich im Großstadtdschungel der späten 60er Jahre hinwegträumten in die grüne Hölle, durch die sich Tarzan schwang.

Der 1919 geborene Barker war nie, was Hollywood in seiner Klassifizierungswut einen A-Actor nennt, ein Erste-Klasse-Mime, der auch jenseits der Leinwand mit alkoholischen Eskapaden, sexuellen Ausschweifungen oder schrägen Äußerungen auffällt. Selbst sein Tod war irgendwie unspektakulär - 1973 kippte Barker auf einer Straße in New York nach einem Herzversagen einfach um. Aber was spielt das schon für eine Rolle? Barker stellte zwei Männer dar, die ihn über alle anderen weit hinaushoben, selbst über Errol Flynn als Robin Hood. Tarzan und - Old Shatterhand.

Das „Urania“ in Köln-Ehrenfeld war ein Vorstadtkino, wie es im Buche steht. Eng, düster, plüschig. Statt Popcorn wie in den modernen Multiplexen gab es Eiskonfekt von Langnese, welches man im Schein gelblicher Funzeln schon vor Beginn des Films verputzt hatte, allen Rationierungsvorsätzen zum Trotz.

Stunde der Männer

Und das war gut so: Wenn Old Shatterhand, Winnetou und die Ihren endlich am Horizont auftauchten, um dem bedrängten Fort zu helfen, wenn das versammelte Kinopublikum dann auf den Sitzen stand, die Fäuste triumphierend schüttelte und ohrenbetäubend johlte, dann wäre Konfekt ganz und gar fehl am Platze gewesen. Dann hatte die Stunde der Männer geschlagen.

Und diese Stunde mit Lex Barker bot alles, was die Liebe zum Kino weckte und wovon man noch heute träumt, wenn die Lichter gelöscht werden und mit ihnen der Alltag im Dunkel versinkt: Große Gefühle, Erregungen, tiefe Konflikte. Old Shatterhand, Pardon, Lex Barker hatte alle diese Erschütterungen im Griff. So wie er als Tarzan seltsam weltmännisch daherkam und selbst im Lendenschurz eine Aura von kalifornischer Noblesse um sich verströmte, so erhob er sich auch über die Schurken des Wilden Westens. Eine Vaterfigur, eine Autorität, vor der jeder real existierende Lehrer schrumpfte. Wäre einem Lex Barker im wirklichen Leben begegnet, man hätte vermutlich alles für ihn getan.

Im Nachhinein ist einem solch rückhaltlose Bewunderung natürlich ein wenig unangenehm. Aber sie gehört zu einem, so wie die Sonntagvormittage im „Urania“-Kino, dem schönsten Kino der Welt, das längst geschlossen hat. Wie singt Bowie? „We could be heros, just for one day.“ Nur für 90 Minuten.


MfG Günter
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