Durch Zufall, habe ich in einem ganz alten Lexikon (Meyers Konversationslexikon) folgenden Eintrag über die größte Stadt an der Kvarner Bucht, über Rijeka früher genannt Fiume gefunden. Diesen will ich euch (leicht bearbeitet) hier wiedergeben, denn dadurch kann man einige interessante Details aus der Geschichte dieser Stadt erfahren.
„Fiume (Fanum St. Viti ad Flumen, deutsch St. Veit am Flaum, illyrisch Reka), ist eine königlich ungarische freie Stadt. Sie hat einen Freihafen und ist Endstation der Bahnlinien St. Peter-Fiume und Agram (Zagreb)-Fiume. Sie liegt malerisch in einem schmalen Tal, an der Mündung der Fiumara (Rijecina) in den Kvarnergolf. Sie besteht aus der Alt- und Neustadt (letztere am Meer gelegen) und ist zum Teil schön und prächtig gebaut. Zu erwähnen sind die Straßen: Deak-Corso, Via del Corso, Via della Riva, Via de' Molo, die Plätze: Piazza Ürmenyi, Piazza Adamich, der Giardino Elisabeta und unter den Gebäuden, die alte Domkirche Mariä Himmelfahrt, mit neuem Frontispiz nach Art des römischen Pantheons, die St. Veitskirche (der Kirche Maria della Salute in Venedig nachgebildet), das Kasino mit dem neuen Theater, die Residenz des Gouverneurs, das ehemalige Seminargebäude, das Rathaus, das Palais der Seebehörde, die Sparkasse etc. Fiume hat mehrere Molen, einen Leuchtturm und längs des Meers einen schönen Kai mit herrlicher Aussicht auf die istrische Küste. Fiume hat (1881) 20.981 Einwohner. (Italiener, Kroaten, Ungarn und Deutsche). Die sehr ausgedehnte Industrie umfaßt eine 1827 errichtete Papierfabrik (500 Arbeiter), welche ihre Erzeugnisse auch in England, Griechenland, der Türkei, Ägypten, Indien und Brasilien absetzt, eine Torpedofabrik, ein großartiges technisches Maschinenetablissement ("Stabilimento technico Fiumano"), eine königliche Tabakfabrik (über 2000 Arbeiter), eine chemische Fabrik, eine Dampfmühle, eine Petroleumraffinerie (400 Arbeiter, welche jährlich 72 Mill. Liter Rohöl verarbeiten), eine Reismühle (jährlich werden 400.000 Zentner gemahlen) und Reisstärkefabrik (jährliche Produktion 30.000 Zentner). Außerdem hat Fiume Fabriken für Metallguß, Kerzen, Zwieback, Konserven, Liköre, Wachs, Segeltuch, Leder etc., Seilereien und große amerikanische Getreidemühlen. Von großer Wichtigkeit war früher der schon seit Jahrhunderten hier betriebene Schiffbau. Derselbe hat in der Zeit von 1833 bis 1872: 734 Schiffe (mit 254.680 Tonnen) gebaut, die auch im Ausland sehr gesucht waren. Mit der Abnahme der Segelschiffahrt geriet derselbe jedoch auch in Verfall und hat seit den Hafenbauten ganz aufgehört. Im Quarnero wird die Fischerei, besonders der Thunfischfang, lebhaft betrieben.
Der Hafen wurde am 2. Juni 1717 von Kaiser Karl VI. zum Freihafen erklärt und war als Hauptseehafen für das ganze ungarische Hinterland schon lange einer der wichtigsten Seeplätze der österreichisch-ungarischen Monarchie. Seitdem jedoch die ungarische Regierung in den Jahren 1872-1884 mit einem Kostenaufwand von 12 Mill. Gulden die großartigen und prachtvollen Hafenbauten: den Maria-Theresia-Molo (den äußern Wellenbrecher), die Szapary-Riva im Anschluß an den schon vorhandenen Molo Adamich, die Sanita-Riva, den Molo Zichy mit vier und die Stephanie-Riva mit drei riesigen Magazinen, ferner den Molo Rudolf mit dem neuen Holzlagerplatz, den neuen Bootshafen und den neuen Petroleumhafen, errichtet hat, ist Fiume zu einem großen Seehandelsplatz herangewachsen, dessen Bedeutung als Handelsplatz für den europäischen Exportverkehr immer mehr zu genommen hat. Die riesige Steigerung des Fiumaner Seeverkehrs beweist, daß derselbe 1870: 1.167.000 Zentner im Wert von 13,4 Mill. Gulden, 1880: 2.857.000 Zentner (27 Mill. Gulden) und 1884 bereits 6.314.000 Zentner im Wert von 68 Mill. Gulden betrug. Im Jahre 1884 verkehrten daselbst 7.656 Schiffe mit 1.275.762 Tonnen. Der Import betrug 2.085.000 Zentner. (Petroleum, Reis etc.), der Export 4.229.000 Zentner. (an Holz 39 Mill. Stück Faßdauben, 1,5 Mill. Stück Bretter, ferner Mehl etc.).
An wissenschaftlichen und andern Anstalten bestehen in Fiume eine Marineakademie, eine nautische Schule, ein Obergymnasium, eine Realschule, ein großes Spital, mehrere Wohltätigkeitsvereine, eine Filiale der Österreichisch-Ungarischen Bank, mehrere Geldinstitute, Versicherungsanstalten etc. Fiume ist Sitz einer königlichen Landesbehörde, einer königlichen Seebehörde, eines Militärplatzkommandos, eines Hafen- und Seesanitätsamts, Wechsel- und Seegerichts, Gerichtshofs, einer Finanzdirektion, Handels- und Gewerbekammer, eines Hauptzollamts u. eines deutschen Konsuls. Auf dem Alluvialfeld des Flusses Fiumara befinden sich Gemüsegärten mit der Wandelallee "Scoglietto". In der Nähe liegen der klimatische Kurort Abazzia (Opatija) und das alte Bergschloß Tersato (Trsat), Stammschloß der Frangipani (Frankopanen von der Insel Krk), mit besuchter Wallfahrtskirche und prächtiger Aussicht auf den Golf, die den Quarnero abschließenden Inseln Veglia (Krk) und Cherso (Cres), Fiume und die Küste. Zum Gebiet der Stadt gehören noch drei Dörfer (Cosale, Plasse und Drenova).
Fiume, mit Gebiet (das ungarische Litorale) umfaßt 19,57 qkm bildet seit dem zwischen Ungarn und Kroatien 1870 getroffenen staatsrechtlichen Ausgleich, ein dem ungarischen Staat einverleibtes Territorium und wird von einem dem ungarischen Ministerium unmittelbar unterstehenden königlichen Gouverneur verwaltet.
Das Komitat Fiume. gehört zu Kroatien, liegt östlich von der Stadt am Adriatischen Meer (Quarnero und Morlakenkanal, dem Meergebiet zwischen der Insel Krk und dem Festland), wird von Istrien, Krain, dem Komitat Agram (Zagreb) und der Militärgrenze Militärgrenzbezirk Krajina) umschlossen, von Karstgebirgen ganz erfüllt, hat 1601 qkm mit (1881) 81.070 Einwohnern und nur stellenweise fruchtbaren Boden. Dagegen wachsen im Vinodolthal (Novi Vinodolski) und an der Küste Ölbäume, Feigen, Pomeranzen, Zitronen. Zum Komitat Fiume, dessen Hauptort die Hafenstadt Buccari (Bakar) ist, gehören 408 Orte und die getrennt vom Gebiet im Süden liegende Hafenstadt Zengg (Senj). Die Komitatssitzungen werden in der Stadt Fiume abgehalten.
Unter der Herrschaft der Römer gehörte die Gegend von Fiume. zu dem alten Liburnien und nach der Teilung der römischen Monarchie zum oströmischen (byzantinischem) Reich. Der Frankenkönig Karl der Große entriß sie den Byzantinern und ließ sie durch eigene Herzöge regieren, von denen sich um 900 Kresimir zum König aufwarf, dessen Stamm über ein Jahrhundert die Herrschaft behauptete. Später wurde Fiume als ein Lehen der Patriarchen von Aquileja Eigentum der Herren von Valsa oder Walsee (deutsche Fürsten), von welchen im Jahre 1471 Kaiser Friedrich III. den Ort durch Kauf erhielt. In Fiume, oder vielmehr in dem nahen Kapuzinerkloster wurde 1618 der Friede zwischen Österreich und Venedig geschlossen. Seit dem 18. Jahrhundert erhielt die Stadt einen neuen Aufschwung durch die Verbesserung des Hafens, welcher einen Teil des orientalischen Handels nach Fiume gezogen hat.“
Wer heute dieses Gebiet als Urlauber besucht, kann sich evtl. gar keine Vorstellung davon machen, wie sich die Stadt Rijeka entwickelt hat. Deshalb wird sich evtl. der Eine oder Andere einmal an dieses Posting erinnern, wenn er die Stadt besucht oder zu seinem Urlaubsziel fährt.
Danke für diesen super interessanten Eintrag - ist ja schon toll, was man so in alten Lexika erfahren kann. Nur man selber hat meistens (bzw. nimmt sich) nicht die Zeit, in alten Büchern zu stöbern, um ein wenig mehr über "unsere" Urlaubsstädte zu erfahren. Also, nochmals Dank an Dich.
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