Anfang Februar erschien, unter dem obigen Titel ein Buch im Suhrkamp-Verlag. Darin beschreiben Autoren aus Deutschland und Serbien, wie sie die Situation von Serbien nach den Kriegen sehen und was in diesem Land zu den aktuellen Verhältnissen geführt hat.
Erst vorgestern ist der serbische Staatspräsident gewählt worden. So wie es aussieht, ist Boris Tadić weiterhin Präsident von Serbien. Durch einen knappen Wahlerfolg, der wohl auf die hohe Wahlbeteiligung zurück zu führen ist, bleibt derjenige Präsident von Serbien, der vom Westen am meisten akzeptiert und von dem angenommen wird, dass er die Politik des ermordeten früheren Präsidenten Zoran Ðinđić fortführen wird.
In dem Band wird deutlich dargestellt, mit welch zweifelhaften Personen sein Amtsvorgänger zusammen arbeiten musste, um an der Macht zu bleiben. Deshalb darf man durchaus davon ausgehen, dass es bei Boris Tadić nicht anders ist und sein wird, zumal seine Gegenspieler Vojislav Koštunica und Tomislav Nikolić eine starke Unterstützung in der Bevölkerung haben. Man muss es sich mal deutlich vor Augen halten: Der Ultranationalist Tomislav Nikolić hat bei den Wahlen fast 50 % der Wählerstimmen bekommen.
Diese Situation kann für die für die europäische Gemeinschaft noch unübersehbaren Folgen haben. Woran liegt das? Es liegt daran, dass Europa und die Welt abermals geschlafen haben, als in Belgrad und mit Zustimmung von Boris Tadić, vor zwei Jahren eine neue Verfassung entwickelt worden ist, die schließlich durch eine Volksabstimmung angenommen wurde. Darin ist in der Präambel festgelegt, dass die ehemals autonome Republik Kosovo ein konstitutioneller Bestandteil der Republik Serbien ist. An diese Vorschrift ist jeder Politiker in Serbien, auch Boris Tadić gebunden, will er nicht Gefahr laufen, dass seine Kompromisse, die er unter Umständen einzugehen bereit ist, von dem Verfassungsgericht, für ungültig erklärt werden.
Bemerkenswert an dem Buch ist, dass sowohl die ältere als auch jüngere Geschichte des Landes deutlich beschrieben wird, und dadurch klar wird, wie und warum so viele Mythen und Legenden in den Jahrzehnten und Jahrhunderten entstehen konnten. Sehr anschaulich wird beschrieben, dass die Vorfahren der jetzigen Bewohner aus einem völlig anderen kulturhistorischen Umfeld gekommen sind, als die restlichen Völker in Europa. Es wird deutlich gemacht, dass die alte Form der "Zadruga", die auch hier beschrieben wird:
eine Lebensform in Südosteuropa ist, die heute noch eine große Rolle spielt.
Jedoch wird leider wieder ein alter Fehler begangen, der ab dem Berliner-Kongress von 1878 immer wieder gemacht wird: Man bezeichnet Südosteuropa als Balkan. Dieser eindeutig osmanische (türkische) Begriff ist durchgehend negativ behaftet in den europäischen Sprachgebrauch übergegangen. Mich wundert es, dass selbst die serbischen Autoren des Bandes diesen Begriff in ihren Ausführungen benutzen. Ich rate dem Leser, den Begriff "Balkan" beim Lesen durch den Begriff "Südosteuropa" zu ersetzen, er wird schnell merken, dass ein ganz anderer Klang entsteht.
Angesichts der aktuellen politischen Lage, vor allem in Bezug auf die Lösung des Kosovo-Problems, ist allen, die politische Entscheidungen zu treffen haben und die über die Problematik dieses Teils von Europa informiert sein wollen, zu empfehlen, sich mit dem Buch einen Eindruck davon zu verschaffen, wie es zu der jetzigen Situation in Serbien gekommen ist. Es ist zu hoffen, dass dieses Buch auch in die Sprachen von Südosteuropa übersetzt wird, damit auch dort die Verantwortlichen, die noch bereit sind, in einen Spiegel zu schauen, ihre nationalistische Politik überwinden. Auch denjenigen, die sich über die Politik von Südosteuropa informieren wollen, ist dieses Buch dringend zu empfehlen.
Bereits bei anderer Gelegenheit habe ich bereits darauf hingewiesen, dass "die Ermordung von Herrschern im Lande Serbien seit Jahrhunderten eine Tradition hat. So wurde Karadjordje, dem Führer des ersten Aufstands gegen die Türken, von der Hand seines eigenen Trauzeugen der Kopf abgeschlagen. König Aleksandar Obrenovi, verheiratet mit einer gewöhnlichen Bürgerin, wurde 1903 zusammen mit seiner Frau massakriert und aus dem Fenster seines Palastes geworfen. 2003 wurde Ministerpräsident Zoran Djindjic, ein Pro-Westler und Anhänger der Frankfurter Schule, ermordet." Mehr dazu kann man hier lesen:
Eine Ergänzung zu diesem Buch bzw. zur parlamentarischen Arbeit im serbischen Parlament: Bei den Parlamentswahlen am 11. Mai 2008 konnte keines der beiden unterschiedlichen Lager eine eindeutige Mehrheit erzielen und es gab langwierige Koalitionsverhandlungen. Schließlich einigten sich Ende Juni das von Präsident Boris Tadić angeführte Bündnis "Für ein europäisches Serbien" mit der früher von Slobodan Milošević geführten SPS und einigen Vertretern von Minderheiten, auf die Bildung einer Koalitionsregierung. Eine normale Parlamentsarbeit hat bisher noch nicht stattgefunden. Unzählige Sitzungen haben erst gar nicht stattgefunden oder sind wegen Geschäftsordnungsfragen unterbrochen worden. Auch heute war das wieder der Fall.
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