da erfahrungsgemäß der Text in dem Link in ein paar Wochen vermutlich "verschwunden" ist kopiere ich ihn hier rein:
Kotor/Nizza/Rom - "Wanted!" prangt auf der kleinen Hochglanzbroschüre und in Rot "Important!!!". Welche wichtigen Gefahren ausgemacht und beseitigt werden sollen, erfährt man im Innenteil des Faltkartons, der vom montenegrinischen Institut für Meeresbiologie in Kontor in großer Auflage unter die Leute gebracht wird. Es geht um die Ortung und Eingrenzung der "Killer-Algen" mit den wissenschaftlichen Namen "Caulerpa racemosa" und "Caulerpa taxifolia". Das sind zwei tropische Pflanzen, die mit Schiffen aus der Region von Südaustralien eingeschleppt wurden und die sich anschicken, die Fauna und Flora des Mittelmeeres gehörig umzukrempeln.
Vesna Macic hat sich im Institut auf die Bedrohung des Mittelmeeres spezialisiert. "Wenn das so weiter geht, muss die Adria sterben", sagt sie und macht einen ziemlich resignierten Eindruck. Denn die drohende Ökokatastrophe ist ihrer Meinung nach nicht aufzuhalten. Ihr Einsatz gegen die "Tumore des Mittelmeeres" gleiche einem aussichtslosen Kampf gegen einen vielfach überlegenen aggressiven Feind, beschreibt sie ihre Situation. Nach Spanien, Frankreich, Italien und der Türkei seien die beiden Eindringlinge jetzt auch an zwei Stellen im Meer vor dem kleinen Adriastaat Montenegro auf dem Meeresboden entdeckt worden.
Was das bedeutet, schildert die Expertin so: Die tropischen Algen breiten sich mit unvorstellbarer Geschwindigkeit auf dem Meeresboden in einer Tiefe zwischen 30 und 100 Metern aus. Da sie täglich um bis zu drei Zentimeter wachsen, nehmen sie mit ihrem engen Bewuchs allen anderen Algen und Bewohnern des Meeresbodens den Lebensraum. Die Algen fressenden Fische finden nicht mehr genügend Nahrung, weil ihnen die tropischen Pflanzen nicht bekommen. Schon in einigen Jahren könne in großen Teilen des Mittelmeeres die Vielfalt des Tier- und Pflanzenlebens aussterben.
Französische Experten haben schon im letzten Jahr errechnet, dass die "Caulerpa taxifolia" 17.000 Hektar Meeresboden in Besitz genommen hat. Ihre Schwester "Caulerpa racemosa" sei auf einer Länge von 500 Küstenkilometern in elf Ländern angekommen. Ihre Büschel machen zusammen gerechnet mehr als 50.000 Hektar aus. "Die Algen sind schlimmer als eine Ölpest, bei der doch sofort Mittel für die Beseitigung locker gemacht werden, weil Tourismus und Gesundheit betroffen sind", sagt Professor Alexandre Meinesz. Er ist Leiter des Umweltlabors der Mittelmeerküste (LEML) an der Universität Nizza. "Was diese Algen anrichten, das schreckt kaum jemanden auf, denn von ihnen geht keine akute Gefahr für den Menschen oder die Fische aus."
Und doch hält der streitbare Meeresbiologe das, was die Algen anrichten, langfristig "für schlimmer als die Ölpest". Denn die grünen Algen-Teppiche auf dem Meeresboden könnten in einigen Jahrzehnten die Lebensbedingungen in Teilen des Mittelmeeres beherrschen. "Die Meerbarben fliehen aus den Zonen, die von den Caulerpa-Algen kolonisiert worden sind", berichtete der Ökologie- Professor Patrice Francour in der Pariser "Liberation". "Sie ernähren sich nicht mehr gut (weil die Algen giftig sind)." Auch der Ozeanologe Marc Verlaque aus Marseille sieht die weiter fortschreitende Invasion der Algen als "eines der großen Zukunftsprobleme, vor denen das Mittelmeer steht."
Die Algen, die an Schiffen über den Suezkanal ins Mittelmeer gelangten, breiten sich nicht nur durch ihren schnellen Wuchs rasant aus. Auch jedes kleinste durch Wellen abgerissene Algenteil ist in der Lage, in kürzester Zeit wieder eine große Algenkolonie zu bilden. In allen Ländern wird daher an die Schiffseigentümer appelliert, mögliche Algenreste an ihren Ankern nicht sorglos ins Meer zu werfen und so neuen Algenbefall auf dem Boden auszulösen. Fischer werden gebeten, ihre Netze gründlich von Algenrückständen zu reinigen, denn Algenteile können an den Netzen auch tagelang ohne Wasser überleben. Beim neuen Auslegen der Netze werden sie dann zum Ausgangspunkt frischer Algenkolonien.
Ein Mittel gegen die Algen-Invasion gibt es nicht. Chlor half ebenso wenig wie das Abdecken mit dunkler Folie, berichtet die Meeresbiologin Macic in Kotor. Zwar sei die "racemosa" schon seit langem im Mittelmeer nachgewiesen, doch eine echte Gefahr war bis zum Jahr 1990 nicht auszumachen. Seitdem ist die Alge mutiert und hat erstaunliche Fähigkeiten entwickelt. Sie kann auch in sieben Grad kaltem Wasser überleben, während sie in den Tropen bei Temperaturen unter 25 Grad eingeht. "Es gibt heute kein Gegenmittel, weil die Algen keine natürlichen Feinde im Mittelmeer haben." Macic zuckt mit den Schultern. Zwar könne man aus dem Pazifik eine kleine Schneckenart einführen, die sich dort von den beiden Killer-Algen ernährt. Doch da nicht auszumachen ist, wie sich die vielen Millionen dieser winzigen Schnecken auf das Biosystem Mittelmeer auswirken, habe man diesen drastischen Schritt nicht gewagt.
Jenseits dieser beiden Algensorten gibt es noch mehr Bedrohliches. Algen wie "Ostreopsis ovata", "Gymnodinium" und "Dinophysis caudata" tauchten in dieser Urlaubssaison vor den Küsten von Genua und Rom auf. "Das Mittelmeer wird langsam tropisch", sagt die italienische Umweltschützerin Lucia Venturi von der Organisation Legambiente. Schon hat Italiens Umweltminister Alfonso Pecoraro Scanio einen Krisenstab eingerichtet, der das Phänomen der Killer-Algen erforschen soll.
Im römischen Badevorort Fregene, wo sich einst Federico Fellini und Filmstars in den Fluten aalten, glich das Wasser über Wochen einer braun-grünen Suppe. Allergien und Hautausschläge drohten. Deshalb wurden dort - wie auch in Focene und Santa Marinella - vorübergehend Strände gesperrt. "Gymnodinium" heißt der Übeltäter in der Region Latium, der auch auf Fische giftig wirkt. In Genua, wo mehrere Krankheitsfälle gemeldet wurden, hat sich dagegen die "Ostreopsis ovata" im Meer ausgebreitet, eine winzige tropische Gift- Alge. "Baden verboten" hieß es deshalb vorübergehend an allen Stränden der ligurischen Metropole.
Auch diese Pflanzen seien mit Schiffen vom Pazifik ins Mittelmeer eingeschleppt worden, meint der italienische Meeresbiologe Roberto Poletti. "Aber was in diesem und im vergangenen Jahr in Italien passiert ist, ist eine absolute Weltneuheit", sagt er. Bereits im Sommer 2005 mussten sich in Genua an einem einzigen Tag 180 Menschen mit Algen-Allergien behandeln lassen. "Die Ostreopsis ist ja auch im pazifischen Ozean und in der Karibik präsent, aber nur in Italien sind bisher Vergiftungen beim Menschen aufgetreten", erklärt der Wissenschaftler. Möglicherweise hat es wie bei der "racemosa" auch hier eine Mutation gegeben.
Zwar wird in vielen Ländern nach Mitteln gegen den Einfall der tropischen Algen geforscht. Doch niemand macht sich Illusionen, dass deren Ausbreitung wirklich aufzuhalten ist. Zu sehr haben sich die Pflanzen schon breitgemacht, als dass sie flächendeckend bekämpft werden können. Zumal die Meeresforscher keinen wirklichen Überblick über deren Verbreitung besitzen. Denn die Meldungen von Fischern, Yachtbesitzern und Tauchern sind weder systematisch noch häufig. Sie gleichen eher Zufallstreffern. Es ist sehr schwer, den Überblick zu behalten. In Kroatien mit seiner über 1.100 Kilometer langen Küste sind allein in Mitteldalmatien 19 große Kolonien der "Caulerpa racemosa" ausgemacht worden. Der Schwerpunkt liegt um die Insel Mljet herum, die ein bekanntes Naturreservat beherbergt.
Die hellgrüne "racemosa" bildet an ihren langen Stängeln unzählige Blasen, die manchmal mit unreifen Weintrauben verglichen werden. Die farblich ähnliche "taxifolia" sieht aus wie dünne Farnblätter. Die beiden Exemplare haben es jetzt sogar zu einer Website gebracht, die über das Umweltlabor der Mittelmeerküste in Nizza läuft. Unter http://www.caulerpa.org sind sie dort beschrieben und abgelichtet. Unterwasserfotos von der Cote d'Azur, etwa vor dem Cap d'Ail, zeigen, wie sie den Meeresgrund monopolisieren. "Man kann ihr Wuchern im Mittelmeer nur verlangsamen, sie allerdings nicht mehr ausrotten", halten Meeresbiologen einmal mehr nüchtern fest. Der Kampf gegen die Algen scheint so eine Mission impossible zu sein.
An Warnungen mangelte es nicht, als Caulerpa taxifolia 1984 erstmals vor Monaco gefunden wurde. Die aus den Tropen eingeschleppte, rasend schnell wachsende Alge sei "schlimmer als eine Ölpest", befand noch vor einigen Jahren Professor Alexandre Meinesz vom Umweltlabor der Mittelmeerküste (LEML) an der Universität Nizza. Meeresbiologen warnten vor einer Ökokatastrophe. Doch es kam anders: Auf unerklärliche Weise hätten sich die zunächst rasant gewachsenen Algen- Bestände seit 2004 extrem verringert, sagt Meinesz.
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