Weil in einem anderen trööt die Frage nach dem Sinn von UN-Auslandseinsätzen aufgeworfen wurde (ziemlich lang, aber das muss ja keiner lesen):
Ich selbst habe um die Jahrtausendwende an drei sogenannten "Friedenserhaltenden Missionen" in Kroatien und Bosnien teilgenommen - allerdings nicht als Soldat, sondern als Zivilist mit Diplomatenpass, und meine persönliche Motivation war ganz einfach: weil ich damals schon Eigentum, viele Freunde in Kroatien hatte und meinen Lebensabend dort verbringen wollte, hatte ich ein eigenes Interesse an stabilen Verhältnissen auf dem Balkan. Dass dieser Job fürstlich bezahlt wurde, wusste ich noch gar nicht, als ich mich dafür bewarb. Wieviel ich dort verdient habe, sage ich lieber nicht. Ein schwedischer Kollege brachte es beim briefing in Split auf den Punkt: "Ich habe eine fünfköpfige Familie zu ernähren, in Split lebt sich's angenehmer als in Malmö, und: "I came here to get drunk." Von wegen: Freiheit und Demokratie verteidigen, in so eine Mission geht man für Geld und aus Abenteuerlust. Das hört sich abwertend an, aber so ist es - OK, ein paar Idealisten gab es auch, aber die wurden sehr schnell von der Realität eingeholt.
Die Realität sah so aus, dass wir uns ein sicheres Plätzchen suchten, von Weitem zuschauten, was passierte und darüber berichteten. Eingreifen durften wir nicht, nur zusehen; typisches Beispiel: Srebrenica, wo UN-Kommandeur Karremans erst mit Mladic Kaffee trank und dann zusah, wie die Chetniks mal eben 8.000 Muslime massakrierten. Sowohl die Kroaten als auch die Serben hassten uns, weil wir ihnen auf die Finger schauten. Aber im Gegensatz zu den Taliban taten sie uns wenigstens nichts. Nur wenn wir ihnen zu nahe kamen, wurden sie ungemütlich. Ich habe mich mal etwas zu intensiv für die Aktivitäten eines mutmaßlichen kroatischen Kriegsverbrechers interessiert. Der hat mir dann in meinem Büro freundlich grinsend eine entschärfte Mine überreicht und mich gefragt, ob ich schon mal erlebt hätte, wie so ein Ding explodiert. Natürlich habe ich den Wink mit dem Zaunpfahl verstanden und nicht weiter ermittelt; ich hänge halt an meinem Leben.
Trotz "wir machen eigentlich gar nichts" haben diese Missionen durchaus einen Sinn. Wenn man derzeit sieht, wie im Ukraine-Krieg beide Seiten lügen, dass sich die Balken biegen, dann wäre eine objektive Berichterstattung vor Ort schon nützlich. Ohne die Erkenntnisse aus den UN-Missionen auf dem Balkan wären Kriegsverbrecher wie Mladic oder Karadzic niemals in Den Haag gelandet; kein Wunder, dass Putin UN und OSZE dort nicht sehen will.
In besagtem anderen trööt wurde @Nox angefeindet, weil er sinngemäß gesagt hat, die Ukraine solle doch gefälligst selbst mit ihren Problemen fertig werden. Irgendwie verstehe ich ihn. Wenn man selbst monatelang tatenlos zugeschaut hat, wie sich da irgendwelche Idioten aus irgendwelchen idiotischen Gründen gegenseitig umbringen, dann kann man schon mal zu der Überzeugung kommen: was geht mich das an? Sollen die doch selbst mit ihrem Mist fertig werden und Bescheid sagen, wenn sie fertig sind.
Erinnern wir uns: vor Putins völkerrechtswidrigem Angriff war die Ukraine alles andere als ein freiheitlich-demokratisches Musterland und lag in Sachen Korruption ganz weit vorne; jetzt will und soll dieses Land in die EU ? Zugegeben, auch ich bin da etwas zwiegespalten...
Zu Sinn und Unsinn derartiger Missionen gibt es einen sehenswerten kroatischen Film: "No man's land", in dem auch die UN ihr Fett abbekommt und den ich jedem Balkan-Interessierten empfehle.
DI 7. 2.2023 Silverline 11:55-13:35 No Man‘s Land SA 25. 2.2023 Silverline 18:35 No Man‘s Land SA 25. 3.2023 Silverline 12:40 No Man‘s Land SA 22. 4.2023 Silverline 16:55 No Man‘s Land SA 27. 5.2023 Silverline 14:55 No Man‘s Land DI 13. 6.2023 Silverline 20:15 No Man‘s Land MO 17. 7.2023 Silverline 13:35 No Man‘s Land SA 23. 9.2023 Silverline 10:30 No Man‘s Land Do 19.10.2023 Silverline 15:40 No Man‘s Land Mi 29.11.2023 Silverline 18:35 No Man‘s Land DO 7.12.2023 Silverline 21:45 No Man‘s Land
Zitat von kornatix im Beitrag #7033Zu Sinn und Unsinn derartiger Missionen gibt es einen sehenswerten kroatischen Film: "No man's land", in dem auch die UN ihr Fett abbekommt und den ich jedem Balkan-Interessierten empfehle.
@kornatix Kroatisch bei mir steht Frankreich zur Zeit im Sender Silverline zu sehen:
Sa 23.7.2022 18:35 No Man‘s Land Frankreich 2001 Fr 26.8.2022 15:30 No Man‘s Land Mo 5.9.2022 14:10 No Man‘s Land Frankreich 2001 So 25.9.2022 08:20 No Man‘s Land Frankreich 2001
Details Die Geschichte zweier Soldaten, Ciki und Nino einer Bosnier und der andere Serbe, die sich während des Bosnien-Krieges, 1993, im Schützengraben zwischen den verfeindeten Linien, also im „No Man‘s Land“, plötzlich gegenüberstehen. Während die beiden Männer eine Lösung für ihre ausweglose Situation suchen, entschließt sich ein mutiger UN-Sergeant, ihnen entgegen der Anweisungen seiner Vorgesetzten zu helfen. Die Medien schalten sich ebenfalls in den Konflikt ein, indem sie den scheinbar unwichtigen Vorfall in eine international verfolgte Medienshow verwandeln. In der gespannten Lage zwischen den vielen beteiligten Seiten und der auf ein Ergebnis wartenden Weltpresse versuchen Nino und Ciki verzweifelt, für ihr Leben und gegen den Wahnsinn des Krieges zu verhandeln.
Personen Schauspieler:
Branko Djuric Rene Bitorajac Filip Sovagovic Regie: Danis Tanovic
@Bertram, die UN-Soldaten in dem Film sind Franzosen, der Film ist aber ein kroatischer.
Und @Vera, auch ich bin keineswegs der Meinung, dass man dem, was jetzt vor unserer Haustür passiert, tatenlos zusehen sollte, und das tun wir ja auch nicht. Wenn man aber (wie Nox und ich) die Idioten selbst erlebt hat, die sich für ein Stück Land, eine Ideologie oder eine Religion sinnlos gegenseitig abschlachten, dann kann man schon mal zu der Ansicht kommen: macht das gefälligst unter euch aus und nicht auf unsere Kosten. Ich bin wie gesagt nicht dieser Ansicht, aber ich verstehe schon, dass manche Leute so denken. Seien wir doch mal ehrlich: mehr als ein bisschen Geld, ein paar Panzer und fleißiges Beifallklatschen ist uns die Ukraine denn doch nicht wert. Sanktionen sind ja schön und gut - aber nur, solange sie uns selbst nicht richtig weh tun. Putins Gas kaufen wir gerne weiterhin, ein paar Millionen pro Tag für die russische Kriegskasse ist uns unsere warme Stube immer wert. Jetzt führt Putin uns vor, dreht mal selbst ein bisschen am Gashahn, und da ist das Geschrei groß. Sollen wir im Winter etwa frieren? Um Himmels willen, da sitzt uns das eigene Hemd denn doch näher als Selenskis T-Shirt.
In unserem Kroatien-Forum finden Sie umfassende Informationen über Urlaub und Ferien in Kroatien sowie passende Ferienwohnungen, Hotels, Apartments und Ferienhäuser für den Kroatienurlaub.