Kommende Woche jährt sich die Amtszeit von Christian Schwarz-Schilling zum ersten Mal. Und obwohl der CDU-Politiker bereits vor Antritt erklärt hatte, seine Zeit als Hoher Repräsentant der internationalen Gemeinschaft in Bosnien-Herzegowina sei begrenzt, scheint ihr Ende nun doch überstürzt.
Am Dienstag hatte Schwarz-Schilling überraschend verkündet, dass er sein Amt zum kommenden 30. Juni niederlegen werde. Aber noch tags zuvor hatte der ehemalige Postminister erklärt, den Posten über dieses Datum hinaus halten zu wollen. Diplomaten zufolge erfolgte die Kehrtwende, weil Schwarz-Schilling einem offiziellen Rauswurf zuvorkommen wollte. Bei Amtsübernahme hatte Schwarz-Schilling nicht ausgeschlossen, den Posten Amt des ersten EU-Sonderbeauftragten zum 1. Juli 2007 zu übernehmen. Ursprünglich sollte mit diesem Datum das Büro des Hohen Repräsentanten aufgelöst werden und die Europäische Union die Obhut in dem ex-jugoslawischen Land übernehmen. Doch davon ist nun keine Rede mehr. Bosnischen Medien zufolge hatte sich der Kritik der US-Regierung, die seit geraumer Zeit unzufrieden mit der Arbeit des Deutschen war, nun auch Berlin angeschlossen. Dass Schwarz-Schilling zuletzt immer stärker in Bedrängnis geriet belegt auch die Tatsache, dass er jüngst für die Erhaltung des Hohen Repräsentanten samt dessen Vollmachten - den so genannten "Bonn Powers" - plädiert hatte.
Mit diesen Vollmachten hatte die internationale Gemeinschaft ihren Beauftragten 1997 ausgestattet. Sie erlauben dem OHR im Extremfall sogar, die höchsten gewählten Volksvertreter abzusetzen. Eine Vollmacht, die Schwarz-Schillings Vorgänger, der Brite Paddy Ashdown, anzuwenden nicht gezögert hatte.Schwarz-Schilling indes hatte bei Amtsübernahme immer wieder unterstrichen, dass er das genaue Gegenteil durchsetzen wolle: "Ich werde ganz klar ein Signal geben, dass ich die Bonn Powers nicht extensiv, sondern nur als letztes Mittel nutzen werde", sagte er vor genau einem Jahr im Gespräch mit dieser Zeitung.Genau diese Strategie ist nicht aufgegangen. Bereits seit vergangenem Herbst hatte sich die Kritik an der Amtsführung des 76-Jährigen gemehrt. Im Vorfeld der Wahlen im Oktober hatten vor allem die Vertreter der bosnischen Serben scharfe nationalistische Töne angeschlagen. Milorad Dodik, Ministerpräsident der eigenständigen bosnischen Serbenrepublik, forderte als Konsequenz der Unabhängigkeit Montenegros auch für die bosnischen Serben das Recht ein, sich per Referendum unabhängig zu erklären.Schon damals setzte Schwarz-Schilling nach Meinung seiner Kritiker den nationalistischen Tönen zu wenig entgegen, und dies auch noch, als Dodiks Rhetorik nach der Wahl anhielt. Noch schwerer wiegt, dass der deutsche Vertreter keinerlei Erfolge beim Voranbringen der für Bosnien-Herzegowina lebenswichtigen Verfassungsreform verzeichnen kann - obwohl Schwarz-Schilling diese als sein wichtigstes Projekt deklariert hatte. Auch dort ließ der Deutsche klare Worte missen.
Die Institutionen arbeiten nach wie vor auf Grundlage des Friedensabkommens von Dayton, die das Zusammenwachsen zu einem Gesamtstaat unmöglich machen. Doch trotz langwieriger Verhandlungen zwischen Serben, Kroaten und Bosniaken wurde die Verabschiedung im Parlament stets in letzter Minute gekippt. "Schwarz-Schilling ist eine Blamage für die internationale Gemeinschaft gewesen", so das Resümee von Senad Slatina, Politikwissenschaftler in Sarajewo. Bosnische Zeitungen sprachen gestern hämisch über den Abschied des "steinernen Schläfers" - Schwarz-Schilling ist dafür bekannt, selbst bei offiziellen Anlässen mitunter auf dem Podium einzuschlafen.Der Abgang des deutschen Diplomaten ist aber auch im Zusammenhang mit der anstehenden Statusklärung des Kosovo zu sehen.
Die internationale Gemeinschaft muss in den nächsten Monaten mit zunehmenden Spannungen auf dem Balkan rechnen.
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